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Rückbau statt Abriss 04.08.2020

  • RLB-Gebäude wird verwertungsorientiert 'rückgebaut'
  • Social Urban Mining als Wertschöpfung mit sozialem Mehrwert
  • RAIQA setzt schon in der Bauphase auf Nachhaltigkeit
Frühere Schalterhalle RLB

Nachhaltiger Rückbau statt ressourcenvernichtender Abrissbirne
Nach dem Auszug von rund 320 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern wird das neunstöckige RLB-Gebäude in der Innsbrucker Adamgasse nun zu einer Musterbaustelle für nachhaltigen und verwertungsorientierten Rückbau. An diesem Social-Urban-Mining-Projekt, das von der Wiener Agentur BauKarussell koordiniert und begleitet wird, wirken auch vier regionale sozialökonomische Betriebe mit. Im Anschluss an den Rückbau entsteht mit dem RAIQA dann ein zeitgemäßer nachhaltiger Gebäudekomplex mit hybrider Nutzung.

Seit 30. Juli ist die bisherige Zentrale der Raiffeisen-Landesbank Tirol in der Adamgasse menschenleer. Über 320 Bankmitarbeiterinnen und -mitarbeiter, die bis dato hier ihrer Arbeit nachgingen, sind in den letzten Tagen und Wochen in mehrere Ersatzquartiere am Bozner und Südtiroler Platz sowie in der Steinbockallee in Rum übersiedelt. Gearbeitet wird in der Adamgasse aber weiterhin. Und zwar an der vollständigen Leerräumung des Gebäudes, in Vorbereitung auf den Umbau. Dabei kommt ein Konzept zur Anwendung, das einen verwertungsorientierten Rückbau forciert. In der Fachsprache spricht man von Social Urban Mining. Das Wiener Unternehmen BauKarussell hat sich auf diese besonders nachhaltige Form des Rückbaus spezialisiert und wurde von der RLB mit der Durchführung beauftragt. Gemeinsam mit vier regionalen Partnern (ISSBA, schindel & holz, Verein Emmaus und Ho&Ruck) wird BauKarussell dieses Social Urban Mining umsetzen.

Es ist dabei das erste Rückbauprojekt in dieser Größenordnung im Westen Österreichs: Denn jedes einzelne Bauelement – von der Bodenplatte über den Kabelschacht bis hin zur bekannten Glasbrücke in der Schalterhalle – wird Stück für Stück erfasst und so weit als möglich einer Wiederverwertung zugeführt. Social Urban Mining orientiert sich am Modell der Kreislaufwirtschaft, ist in hohem Maße ressourcenschonend und zugleich mit sozialem Engagement verbunden. „Es geht hier nicht nur darum, das Gebäude auf den Rohbauzustand zurückzuführen, wie dies die Recycling-Baustoffverordnung und die ÖNORM B 3151 „Rückbau als Standardabbruchmethode“ für Gebäude dieser Dimension ohnehin vorsieht, sondern Wertschöpfung mit sozialem Mehrwert zu ermöglichen“, erklärt Architekt DI Thomas Romm von BauKarussell. Ein ganz wesentliches Anliegen von Social Urban Mining sei es nämlich, „mit diesem umfassenden Re-Use- und Recyclingprozess sinnvolle Beschäftigung im sekundären Arbeitsmarkt zu schaffen“.

Dieser Ansatz hat auch den Vorstand und das Bauprojektteam der Raiffeisen-Landesbank Tirol überzeugt und begeistert. Mehrwert in der Region zu erbringen, entspreche ganz der DNA von Raiffeisen, betont Vorstandsvorsitzender Reinhard Mayr. „Wir wollen als Spitzeninstitut der Raiffeisen-Bankengruppe Tirol in der Region nachhaltig wirksam sein und dabei auch wirtschafts- und gesellschaftspolitische Impulse setzen. Social Urban Mining sollte langfristig betrachtet zum Standardprozess beim Rückbau von Nutzgebäuden werden.“

Der Rückbau erfolgt dabei in drei Stufen: Zunächst werden alle Wertstoffe wie Strom- und EDV-Kabel, Alureflektoren und Rasterleuchten oder Metall- und Holzteile sortenrein getrennt und einer Wiederverwertung zugeführt. Damit werde ein echter Mehrwert geschaffen, erklärt DI Thomas Romm von BauKarussell auch das dahinter liegende Geschäftsmodell. „Die Betriebe geben ihre Arbeitsleistung im Tausch gegen die Wertstofferlöse.“ Im zweiten Schritt werden Re-Use-Bauteile wie Parkettböden, Beleuchtungskörper, Glaselemente und Einrichtungsgegenstände vermittelt und demontiert. Zuletzt werden – wie vom Gesetzgeber gefordert – sämtliche Schad- und Störstoffe wie etwa Leuchtstoffröhren und Kondensatoren aus dem Gebäude entfrachtet. Erst dann folgt der maschinelle Abbruch. Für diesen Prozess hat die RLB Tirol als Bauherr etwas mehr als ein halbes Jahr veranschlagt. „Dieses Zeitfenster werden wir auch brauchen“, ist Romm überzeugt, „denn all das ist zeitaufwendige Handarbeit und benötigt viel Manpower.“

Schon bei der Planung des „RAIQA“ wurde von Beginn an ein klarer Fokus auf Nachhaltigkeit gesetzt, erläutert Thomas Wass, stv. Vorstandsvorsitzender der RLB Tirol: „Bereits in der Ausschreibung für den Architekturwettbewerb gab es die Vorgabe, das bestehende Gebäude nicht einfach abzureißen. Eine Aufgabenstellung, die das ausführende Architekturbüro Pichler & Traupmann eindrucksvoll löste. Denn große Teile der Bausubstanz bleiben erhalten und dienen künftig als identitätsstiftender Kern mit statischen Funktionen.“

Für Dr. Sabine Robra vom Institut für Infrastruktur der Universität Innsbruck legte ebendies den Grundstein für einen sinnvollen, nachhaltigen Rückbau. Gut 70 Prozent des gesamten Abfallaufkommens seien baubedingt, so Robra. „Allein 12 Mio. Tonnen der jährlich über 60 Mio. Tonnen Abfall in Österreich sind Bau- und Abbruchabfälle. Daher sollte in der Abfallhierarchie das ‚Vermeiden‘ von unnötigem Ressourcenverbrauch an oberster Stelle stehen“, betont Robra. Auch die Bauwirtschaft müsse ökologischer werden. Viele Rohstoffe seien nicht erneuerbar und verursachen bei ihrer Gewinnung gravierende Umweltschäden. Mit Social Urban Mining wachse daher auch das Bewusstsein und die Sensibilität für dieses immens wichtige Thema, findet Robra, die dieses beispielgebende Projekt wissenschaftlich begleiten wird.

Für RLB-Chef Reinhard Mayr und seinen Stellvertreter Thomas Wass ist das Projekt jedenfalls ein Herzensanliegen. „Alle Welt redet heute von nachhaltigem Wirtschaften. Wenn wir die Nachhaltigkeitsziele der Vereinten Nationen, die ja auch Österreich ratifiziert hat, ernst nehmen und bis 2030 wirklich substanziell etwas verändern wollen, müssen wir jetzt handeln. Mit dem RAIQA wollen wir Nachhaltigkeit leben, und zwar konsequent von Anfang bis Ende.“

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