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Konjunktur 2023: Moderates Wachstum 28.09.2022

  • Raiffeisen Research: Energiekrise und Inflation bremsen Aufschwung aus
  • 2023 mit BIP-Wachstum von 0,5 % nach Industrierezession im Winter
  • Tirol mit positiverer Dynamik dank Gegengewicht Tourismus
  • Inflation soll bis 2024 auf 3,1 % sinken

Raiffeisen-Chefvolkswirt Gunter Deuber ist heute auf Einladung der Raiffeisen-Landesbank Tirol AG in Innsbruck. Vor deren Firmenkund:innen berichtete er ein moderates BIP-Wachstum von 0,5 % für Österreich im nächsten Jahr. Davor bremsen Energiekrise und hohe Inflation den kräftigen Aufschwung aus, der für das laufende Jahr noch ein Plus von 5,5 % erwarten lässt. Für 2024 steigt der Ausblick wieder, die Teuerungsrate soll bis dann auf 3,1 % sinken. Die Zinswende der EZB korrigiert laut Deuber den Immobilienmarkt und bringt Alternativen zum Aktienmarkt.

Der breit angelegte Wirtschaftsaufschwung im Nachgang der Corona-Pandemie ist durch den Ukraine-Krieg in Europa jäh beendet worden. Hohe Energiepreise und die höchste Inflation in Österreich und im Euroraum seit den 1970er-Jahren lasten auf Konsum und Investitionen. Anders als zum Start der Pandemie ortet Gunter Deuber, der Leiter des Bereichs Volkswirtschaft und Finanzanalyse der Raiffeisenbank International AG (Raiffeisen Research), aber eine geordnete Eintrübung der Stimmung und Auftragseingänge. Nach dem sehr guten ersten Halbjahr erwartet Raiffeisen Research für 2022 auch ein deutliches BIP-Wachstum von 5,5 % (Euroraum: 3,0 %). Im Winterhalbjahr 2022/23 scheint eine technische Rezession mit zwei schwachen Quartalen und Rezession in Österreichs verarbeitendem Gewerbe aber unvermeidbar. Deuber bewertet diese als eine normale Folgewirkung des heurigen Preisschocks. „Da allerdings wenig gegen einen erkennbare Wirtschaftserholung ab dem ersten Quartal 2023 spricht, erwarten wir auf das Gesamtjahr 2023 ein moderates Wirtschaftswachstum von 0,5 %, im Euroraum wird es bei 0,3 % liegen“, so Deuber.

Europa ist besser vorangekommen, die Abhängigkeit von russischem Gas zu reduzieren, als gedacht. Es könnte gelingen, ohne Rationierungen durch das Winterhalbjahr zu kommen. Derzeit würden zudem viele Faktoren wie ein schwacher Euro, die Chance, gut durch 2023 ohne russisches Gas zu kommen, oder die weiterlaufenden NextGenerationEU-Investitionen aus EU-Finanzierungen für eine Verlängerung der erwarteten Wachstumsdynamik ab erstem Quartal 2023 bis ins Jahr 2024 sprechen. Für das gesamte Jahr 2024 sieht der Experte dann mehr Chancen als Risiken durch eine Erholung der Investitionsdynamik, der Exporte und des privaten Konsums. Die Prognose von Raiffeisen Research liegt für Österreich dann bei einem BIP-Wachstum von 1,8 % (Euroraum 2,0 %).

Tirol: Etwas positivere Dynamik mit Gegengewicht Tourismus möglich

Mit Blick auf Branchen ist die Tourismuswirtschaft heuer wieder ein Stabilitätsanker der österreichischen Konjunktur und auch in den kommenden Quartalen und im konjunkturell schwierigen Winterhalbjahr eher ein Gegengewicht zur Industrieschwäche. „In Tirol könnte sich die konjunkturelle Dynamik damit etwas positiver gestalten als wir es landesweit erwarten. Die Sensitivität in Bezug auf die erwartete Industrierezession ist geringer als in sehr industrielastigen Bundesländern“, spezifiziert Deuber. Laut seiner Einschätzung könnte im Tiroler Tourismus die Wintersaison 2022/2023 stärker werden als die vorige. Schon die Sommersaison ist in Tirol besser verlaufen als in Österreich, sie zeigte aber auch ein Aufholpotenzial bei den Nächtigungen von weiterhin 2,9 % auf das Vor-Corona-Niveau. Der breiter angelegte inflationsbedingte Kaufkraftverlust in Europa aktuell und im Jahr 2023 ist nach Meinung von Raiffeisen Research kein Treiber für die Urlaubsbranche per se. Allerdings könnten der Österreich- und Tirol-Tourismus zumindest etwas vom wahrscheinlichen Verzicht auf Fernreisen zuerst profitieren. Wobei Kunden im Tourismus auch mit einigen Adaptionen und Einschränkungen im Bereich einiger energieintensiver Angebote (Sauna, Wellness) rechnen müssen, was den Preisspielraum nach oben dann etwas begrenzen sollte.

Inflation sinkt bis 2024 bei 3,1 %, geldpolitische Straffung weiter eindeutig

Im Prognosehorizont von Raiffeisen Research ist der absolute Inflationshöchstwert heuer mit einem Wert von 8,2 % (Euroraum: 8,0 %) im Jahresdurchschnitt für 2022 erreicht. Unterstützt von der geldpolitischen Kehrtwende und einem mittlerweile robusten Inflationskontrollansatz der EZB würde die Inflation in Österreich in den kommenden beiden Jahren auf 5,5 % (2023; Eurozone: 6,0 %) bzw. 3,1 % (2024; Eurozone: 3,4 %) sinken. Damit bleibt diese auch 2024 erkennbar über dem EZB-Zielwert von 2 % und nimmt das Preisniveau von 2021 bis 2024 damit insgesamt um fast 20 Prozentpunkte zu – ein solcher Anstieg hat zuvor zehn Jahre gebraucht. Aus Sicht von Raiffeisen Research spricht ein sich verbreiternder Inflationsdruck, auch vor dem Hintergrund eines engen Arbeitsmarktes, für eine weiter eindeutige geldpolitische Straffung durch die EZB: „Wir erwarten uns mindestens Zinserhöhungen von 2,5 Prozent im aktuellen geldpolitischen Straffungszyklus und die Risiken für diese Prognose sind eher nach oben gerichtet“, berichtet Deuber. Die EZB setze viel daran, den Leitzins möglichst schnell nach oben zu schleusen und toleriere dabei die konjunkturelle Abschwächung, während sie sich eine weitere Steuerung oder Manipulation des Kapitalmarktzinses vorbehalten würde. Letzteres hat mit weiter vorhandenen Staatsfinanzierungsthemen im Euroraum zu tun.

Zinswende unterstützt geordnete Korrektur des Immobilienmarktes

Die skizzierte herausfordernde Zinslandschaft stellt den österreichischen Immobilienmarkt gemäß Raiffeisen Research vor schon erkennbare Herausforderungen. Die Zinswende im Zusammenspiel mit der geschärften Regulierung sei ein „perfekter“ Sturm für den schon mehr als zehn Jahre laufenden Immobilienzyklus in Österreich. Allerdings erwartet Raiffeisen Research eine geordnete Korrektur mit stagnierenden Preisen auf Gesamtmarktebene auf Sicht der kommenden zwei bis drei Jahre, wobei die auch länger höhere Inflation zu realen Preisverlusten führen sollte. „Der Tiroler Immobilienmarkt sollte wegen der Baulandknappheit aber besser abgesichert sein als einige andere regionale Immobilienmärkte in Österreich“, betont Gunter Deuber die Divergenz zwischen den Bundesländern. Der vorerst erneute Preisanstieg um 10 bis 12 % im laufenden Jahr ist – ähnlich wie bei der Konjunktur – dem sehr guten ersten Halbjahr 2022 geschuldet.

Fixed Income-Zins ersetzt (riskante) Dividende

Die Kombination aus weltweit Stagflationsrezession und geopolitischer Krise hat am globalen und österreichischen Finanzmarkt zu einigen Verwerfungen geführt. Aktienkurse und Anleihenkurse waren dem Bericht Deubers zufolge zugleich extrem unter Druck im ersten Halbjahr 2022. Für das Jahr 2023 und darüber hinaus deute sich nun ein ausgewogeneres Kapitalmarktumfeld an. „Vor allem festverzinsliche Veranlagungen sollten nachhaltig an Attraktivität gewinnen“, führte Deuber aus. Während es in den letzten Jahren eine sogenannte Überrendite am Aktienmarkt von 6 bis 7 % gegenüber festverzinslichen Anlagen gab, liegt die Überrendite am Aktienmarkt gemäß Mittelfristprognosen von Raiffeisen Research nur noch bei knapp 1 Prozent gegenüber Fixed Income wie Unternehmens- und Staatsanleihen. Damit hätte die (riskante) Dividende als vermeintlicher Ersatz für den Zins ausgedient.

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